Vor zwei Jahren habe ich meinen ersten Ironman erfolgreich absolviert, nun habe ich Mitte August einen zweiten Versuch folgen lassen. Wiederum war es die Suche nach einer Herausforderung, die mich dazu brachte.
Letzten Herbst startete ich spontan am Napfmarathon, der zu meinem Lieblingslauf geworden ist, einerseits weil es hier möglich ist, sich unmittelbar vor dem Start anzumelden, landschaftlich etwas vom schönsten, nicht zu viele Teilnehmer und eine wirkliche Herausforderung wegen der anspruchsvollen Strecke.
In der darauffolgenden Woche, musste dann eben ein neues Ziel her. Schnell war mir klar, dass mich ein zweiter Ironman am meisten reizte, einerseits weil mir schon einigermassen bekannt war auf was ich mich da einlasse und weil ich mir nicht immer auf noch extremere Ausdauerevents zumuten will, nicht zuletzt wegen meines Alters. Ich schaute wo ab August Ironmans stattfinden, fragte meine Partnerin ob sie lieber eine Städtereise nach Hamburg oder eine Reise in die Emilia Romagna machen möchte. Ihr Entscheid führte zu meiner Anmeldung für den Ironman in Hamburg.
Davor hatten wir aber auch schon die Flüge für eine 5-wöchige Australienreise von Mitte Februar bis Ende März gebucht. Mir war klar, dass ich meine Vorbereitung bestenfalls im Schwimmen in Australien fortsetzen würde, Laufen und Radfahren würde ich während dieser Zeit sicher nicht gross. Bis zur Abreise nach Australien bestand das Wintertraining vor allem aus wöchentlich 3-4 Spinningstunden und mindestens 2 Lauftrainings pro Woche.
Nach der Rückkehr aus Australien hatte ich eigentlich geplant das Training wieder aufzunehmen.
Ich war aber so verwöhnt vom australischen Sommer, dass ich im garstigen Aprilwetter hier in der Schw iz keine Lust auf Radfahren hatte, erst Mitte Mai besserte sich das Wetter und ich fand die Motivation wieder zu trainieren. Diesmal verlief die Vorbereitung ohne Unfall und andere Pannen und schon war es August und eines der letzten Trainings war eine Wanderung von Kandersteg zur Fründenhütte. Dann noch ein 30 KM Longjog und die Reise nach Hamburg stand vor der Türe.
Hamburg zeigte sich Freitag und Samstag noch von der regnerischen Seite, aber rechtzeitig stoppte der Regen und ich stand am Sonntagmorgen 6:40 im Neoprenanzug startbereit am Jungfernstieg. Es vergingen noch gut 30 Minuten nach dem ersten Startschuss für die Profis, bis auch ich in das grünbraune Wasser der Alster stieg und mich auf die 3,8 KM schwimmen machte. Die Schwimmstrecke führte von der Binnenalster unter zwei Brücken durch in die Aussenalter und wieder zurück, nach einem kurzen Landgang auf die letzte Runde in der Binnenalster unter einer weiteren Brücke hindurch in die kleine Alster zum Ausstieg. Das Wasser in der Alster war so trüb, dass die gut eineinhalb Stunden Schwimmen ein dauerndes Wechselspiel zwischen hell und dunkel war, hell wenn der Kopf zum Atmen aus dem Wasser kam und dunkel wenn er wieder unter Wasser war.
Das Gute daran war, dass es die Sonne war die blendete, das versprach für die Radstrecke trockene Strassen und das war mir sehr willkommen und all den anderen TeilnehmerInnen bestimmt auch. Neben der Schwimmstrecke war auch die Wechselzone etwas Besonderes, aber mit der negativen Auswirkung, dass sie gut 700 Meter lang war, das hiess in meinem Fall, dass ich mein Rad erst 700 Meter schieben musste, bevor ich aufsteigen konnte. Ich wollte diese Strecke eigentlich in den Socken zurücklegen und die Veloschuhe in den Händen halten, eine Schiedsrichterin wies mich jedoch darauf hin, dass dies nicht gestattet war, also musste ich die Veloschuhe anziehen und die Strecke so zurücklegen.
Neben den unterschiedlichen Rädern, fielen mir die unterschiedlichen Kleidungen der der Athleten auf. Da gab es die ganz schnellen die nur einen knappen Einteiler trugen und andere waren mit flatternden Regenjacken unterwegs, wohl wegen einigen dunklen Wolken am Himmel. In der ersten Steigung konnte ich miterleben wie so eine Regenjacke fahrend ausgezogen werden wollte, dies gelang jedoch nicht, also verlangsamte der Fahrer immer noch wild an der Jacke hantierend, kurz vor dem Stillstand realisierte er, dass es nun wohl an der Zeit war aus den Pedalen zu kommen. Der totale Misserfolg dieser Versuche endete damit, dass er 10 Meter vor mir unsanft auf dem Teer landete. Der Zustand der Räder musste wohl auch sehr unterschiedlich sein, so gab es welche, die alles andere als geräuscharm unterwegs waren, neben diversen Platten konnte ich auch marschierende Triathleten mit der Kette in der Hand sehen, aber einer, der nur noch mit einem Bein pedalieren konnte, weil die linke Kurbel fehlte war doch der Höhepunkt der Pannen die mir begegneten.
Bei mir lief glücklicherweise alles pannenfrei, was mir ermöglichte meinen best case Zeitplan einzuhalten und zu den angekündigten Durchgangszeiten zu erscheinen, sehr zur Freude von mir und meinen Fans. In Zürich war ich noch ganz alleine angereist und war diesbezüglich völlig frei. Nun in Hamburg war meine Freundin Corinne dabei und zudem war noch ein langjähriger Laufkollege aus Bonn mit seiner Partnerin angereist.
Da ich beim Schwimmen etwas schneller war, sah ich meine Fans auf der Velostrecke bei der Einfahrt kurz vor dem Wendepunkt erstmals, und bei der Ausfahrt auf die nächste Runde gleich zum zweiten Mal. Wie geplant verpflegte ich mich am Anfang der zweiten Radrunde mit einem selbst gemachten Sandwich und konnte auf der mir nun bekannten Strecke etwas zulegen. Mein Zeitplan sah so aus, dass ich etwas vor 9 Uhr auf dem Rad sein wollte, dann die ersten 91 KM in 3 Stunden d.h. 12 Uhr Start zur 2. Runde, 15 Uhr Wechsel auf die Laufstrecke und dann je eine Stunde pro 10KM Laufrunde was einen Zieleinlauf etwa 19:20 ergeben würde. Diesen Zeitplan konnte ich auch fast auf die Minute einhalten, ohne dass ich gross die Uhr zur Hilfe nehmen musste, sowohl auf dem Rad als auch beim Laufen diente mir diese nur dazu, meinen Puls unter Kontrolle zu haben.
Auf der Laufstrecke musste ich mich erst an das langsamere Tempo gewöhnen das war rückblickend eine neue Erfahrung die mir bis dahin nicht begegnet war, aber das war dann nach den ersten 10KM auch geschafft, dafür machte mir die zunehmende Wärme zu schaffen. Die vielen Zuschauer sorgten für eine gute Stimmung, ab und zu war sogar ein «Hopp Schwiz» zu hören. Einziger Zwischenfall war, als ich es mit dem kraftsparenden Laufen etwas übertrieb und über eine abstehende Bodenplatte stolperte und mir das Knie aufschürfte.
Meine Fans, Corinne, Sabine und Henry waren meine grösste Motivationsquelle, hatte ich doch mit dem Einhalten des genannten Zeitplans die Gelegenheit mit den 2 deutschen Fans noch ein Bier trinken zu können, da sie sich um 20 Uhr auf den Weg zum Flughafen machen mussten. Das konnten wir dann auch wie besprochen machen, nachdem ich endlich auf die Zielgerade einbiegen durfte und die letzten Meter locker hinter mich brachte und glücklich durch den Zielbogen lief.
Fazit:
Ich habe sicher seriös trainiert, aber öfter auch mal ein Training ausgelassen oder abgebrochen, wenn es nicht passte. Das Training gestaltete ich noch vielseitiger, da gehörte sogar Yoga dazu, und ich legte grossen Wert auf genügend Erholung. Als 38. In meiner Altersklasse 55-59 mit 140 Gestarteten als ältester Jahrgang, kann ich zufrieden sein.
Ich war schon kurz nach dem Event drauf und dran mich direkt wieder anzumelden für Hamburg, sicher auch weil wir Montag und Dienstag die wunderschöne Stadt noch bei bestem Wetter geniessen durften, meine Beine waren aber schon sehr froh um die lange Rolltreppe bei der Besichtigung der Elbphihamonie.
Hansruedi Rohrer
Müller Susi meint
Herzliche Gratulation Hansruedi! Das ist eine super Leistung! Nachdem ich jahrelang im OK vom Inferno Triathlon gearbeitet habe, weiss ich, was es heisst, eine solche Strecke schwimmend, radelnd und laufend zu absolvieren. Ich bewundere alle, die eine solche Leistung erbringen. Beim Inferno war die Aussage der Athlethen vielmals “ich will den Tag geniessen”. Genau mit dieser Einstellung wachsen einem “Flügel” (wie doch Natascha Badmann vielmals gesagt hat….)
Nochmals herzliche Gratulation und hoffe bald wieder einmal im Spinning. Susi
Habegger Fritz meint
Super Hansruedi
obschon ich die Spinings mit dir sehr schätze, könnte ich mich selber wohl nie motivieren für eine Marathon- oder IronMan-Teilnahme. Du bist das zwar seriös aber doch auch nicht zu verbissen angegangen und auf deine Leistung kannst du nun zurecht stolz sein. Mach so weiter – unsere moralische Unterstützung ist dir sicher! Fritz
Jürg Bieri meint
Spannender Kommentar, super Leistung. Schön, dass Du es auch geniessen konntest und auch das Training nicht stur verbissen durchgezogen hast, sondern Dir auch “Freiräume” gegönnt hast. Freue mich auf die gemeinsamen CS-Spinning-Trainings im kommenden Winter. Jürg