Im RSCMagazin erzählen wir Geschichten über die vergangene Saison. Zurücklehnen, geniessen, erinnern, nächstes Radsportjahr planen.
Mike Bohnenblust hat sich mit Tobias von Allmen und Stefan Schriber unterhalten.
Das Alpenbrevet war früher das Ein und Alles im Radsport der Breitensportler. Doch in den letzten Jahren gab es viele neue und zum Teil auch sehr spannende Anlässe. Einer davon ist die Tour des Stations im Wallis.
Vier verschiedene Strecken werden angeboten. Von 74 km / 2’900 Höhenmeter bis 242 km / 8’848 Höhenmeter. Der grosse Vorteil der Tour des Stations gegenüber dem Alpenbrevet sind die Strassen. Hier wird auf kleinen Strassen und eher unbekannten Pässen gefahren. Also viel weniger Verkehr. Die Anstiege sind anderes und jede Strecke ist eine Herausforderung.
Im Jahr 2023 waren mit Tobias von Allmen und Stefan Schriber auch zwei RSC’ler am Start. Ein Rennen – zwei Geschichten. Im Interview mit Tobias und Stefan erfährt ihr mehr über die Herausforderung an diesem großartigen Event im Wallis.
Was war der Grund für die Teilnahme an der Tour de Station?
Tobias: Mich reizten die abenteuerliche Challenge und die atemberaubenden Aussichten, welche mich auf den Walliser Bergstrassen erwarten würden. Dieses Jahr (mit meiner 3monatigen Veloreise) habe ich so viele Stunden im Sattel verbracht wie nie zuvor, daher war ich gut vorbereitet für ein Rennen von dieser Länge.
Stefan: Ein Rennradkollege, fragte mich ca. 10Tage vor dem Rennen, ob ich auch starte. Der Funke sprang über und ich wartete mit der Anmeldung noch drei Tage, um zu sehen, wie sich das Wetter entwickeln wird. Naja, rosig waren die Aussichten nicht unbedingt, aber auf jeden Fall war keine totale Schlechtwetterfront prognostiziert. Auch die Suche nach einer bezahlbaren Unterkunft für eine Nacht war, bei solch einem Grossanlass, nicht mehr so einfach. Letztendlich fand ich in Martigny noch ein Hotelzimmer mit Nebengeräuschen (lautes Telefongespräch ab 23:00 im benachbarten Zimmer).
Welche Strecke bist du gefahren?
Tobias: Ich bin das Ultrafondo gefahren (242km und 8848Hm)
Stefan: Von den 4 Streckenmöglichkeiten bei diesem Rennen traute ich mir die Marmotte Strecke mit 133km und 4700Hm am ehesten zu. Auch die Anfahrt mit der ÖV zum Start, am frühen Morgen, war so gut zu bewerkstelligen.
Was war der härteste Moment im Rennen?
Tobias: Am Aufstieg nach Thyon 2000 wurde mein Durchhaltewillen und meine Geduld mächtig auf die Probe gestellt. Mühsam erklomm ich Meter für Meter der endlosscheinende Anstieg hinauf auf über 2000 Hm. Zu diesem Zeitpunkt hielten mich die Musik und die schöne Aussicht davon ab, total in die Negative-Gedankenspirale abzustürzen. Als ich nach einer gefühlten Ewigkeit schliesslich oben ankam, ass ich einen Teller Pasta, trank eine Cola, zog mein Gillet an und rollte wieder ins Tal hinunter.
Stefan: Der erste Anstieg auf den Col du Lein flog ich förmlich hinauf. Übermotiviert wie leider allzu oft, verpflegte ich mich beim ersten Posten unten in der Fläche nur spärlich und versuchte mich sogleich wieder bei einer schnellen Gruppe einzuklinken. Die Quittung für das schnelle Angehen liess nicht lange auf sich warten. Schon am zweiten Anstieg brachte ich gefühlt nur noch die Hälfte Kraft auf die Pedale. Am längsten und steilsten Anstieg des Rennens nach Thyon 2000 kamen dann noch Krämpfe hinzu, sodass ich zeitweise wirklich kaum mehr vorwärts kam. Nun halfen nur noch viele Kohlenhydrate zu essen und salzige Bouillons zu schlürfen. Immerhin konnte ich schlussendlich wieder genügend regenerieren, um die zwei letzten Anstiege zu bewältigen.
Was war das Schönste an der Tour?
Tobias: Am Abend todmüde und mit tauben, doch irgendwie trotzdem schmerzenden, Beinen im Bett zu liegen. Im Kopf drehten sich die Gedanken von diesem langen verrückten Tag, bevor ich schliesslich zufrieden einschlief mit dem Wissen, mich Morgen schön ausruhen zu können.
Stefan: Etwas vom schönsten bei einem Rennen ist immer die Zielankunft. Die innere Zufriedenheit, es geschafft zu haben und die glücklichen Gesichter aller Teilnehmenden. Bei diesem Rennen war es noch speziell, dass ich gleichzeitig, wie eine Rennrad-Kollegin aus Bern ins Ziel kam, die ich schon am Start sah. Dasselbe passierte auch mit zwei jüngeren Frauen, die am Morgen mit demselben Zug an den Start fuhren.
Wie ist es gelaufen?
Tobias: Während ich in den ersten Stunden noch fröhlich Getreideriegel, Gels, Gummibärchen und sonstige Snacks in mich reindrückte, wurde das Essen schon bald zur Qual. Eine allgemeine Lustlosigkeit aufs Essen und Übelkeit machte sich breit. Aber es half ja nichts, weil ich wusste, dass ich unbedingt essen/trinken musste, denn sonst würde ich bald irgendwo stehen bleiben.
Stefan: Meine angepeilte Zeit bei diesem Rennen waren 8h, welche ich um 18 Minuten verfehlte. Mit entsprechender Erfahrung, besserer Einteilung und Ernährung sollte diese Marke jedoch bei einem nächsten Start schon zu knacken sein.
Dein Fazit?
Tobias: Das Wallis ist schön; seine Berge hoch und ich glaube da geht noch mehr…
Stefan: Wie schon angesprochen, werde ich mit grosser Wahrscheinlichkeit an diesem Rennen wieder starten. Schon rein wegen der grandiosen Atmosphäre und grossartigen Organisation. Mal sehen, ob das um drei Wochen nach hinten verschobene Startdatum auch passt.
Besten Dank für das Interview und herzliche Gratulation zu euren Leistungen.
Stefan «Schribi» Schribers Strava-Eintrag, wie immer mit poetischem Titel.