Roman Kessler ünterhält sich mit Berihu Gebralibanas über seine letzte Saison.
Berihu (1.v.l.) mit Teamkollegen des CLN Cycling Teams bei der Baltic Chain Tour.
Anfang Dezember treffe ich Berihu am Bahnhof Bern. Gerade noch rechtzeitig, bevor er in der Woche darauf nach Gran Canaria aufbricht, um dort bis Ende Januar dem Schweizer Winter zu entfliehen. Das Rennvelo ist natürlich auch mit dabei auf Gran Canaria, auch wenn Berihu erst im Januar wieder langsam ins Training einsteigen kann. Er erholt sich noch von einer Operation am Kreuzband und Meniskus.
Die Knieprobleme sind schon eine längere Geschichte und haben begonnen mit einem Sturz bei einem Rennen. Vor zwei Jahren musste Berihu deshalb bereits ein erstes Mal am Meniskus operiert werden. Diese erste OP und die Therapie haben jedoch nicht das erhoffte Resultat erzielt, weshalb im September 2023 eine weitere OP nötig wurde.
Trotz der Knieprobleme war die Saison 2023 für Berihu sehr intensiv, spannend und erlebnisreich. Neben den Rennen in der Schweiz, die er für den RSC Aaretal bestritt, ist er in der vergangenen Saison erstmals auch zahlreiche UCI-Rennen im Ausland gefahren mit dem CLN Cycling Club. Diese Rennen in verschiedenen europäischen Ländern beinhalteten auch einige Etappenrennen. Eines davon war die Baltic Chain Tour im August, welche in drei Etappen durch die drei baltischen Länder Estland, Lettland und Litauen führt. Der Name des Rennens erinnert an eine über 600 Kilometer lange Menschenkette, an der sich im Jahr 1989 rund 2 Millionen Menschen im Kampf für die Unabhängigkeit der baltischen Staaten beteiligten.
Bei der Baltic Chain Tour (und auch bei mehreren Renneinsätzen in Polen) hat das Wetter nicht mitgespielt. Neben starkem Regen kam oft noch kräftiger Wind dazu. Der Seitenwind, das stark besetzte Fahrerfeld, die Knieprobleme und die zum Teil eng bemessenen Zeitlimits führten dazu, dass Berihu nur selten die Rennen bis zum Ende fahren konnte. Beim Grand Prix Tschechien im Juli, einem Rennen über 190 Kilometer und vielen knackigen Steigungen, musste Berihu bereits nach etwa 40 Kilometer aufgeben, als er den Anschluss nicht mehr geschafft hatte beim Wasserholen für seine Teamkollegen. Ähnlich erging es bei diesem Rennen einem Grossteil der Teilnehmer, so gab es von den total 180 Fahrern gerade mal etwa 40 Finisher.
Bei einem weiteren Eintagesrennen in Polen, dem Puchar Mon, hat es hingegen gereicht um das Rennen als Finisher zu beenden. Bei dem Wettkampf über 157 Kilometer wird ein Rundkurs 9-mal durchfahren. Gegen Ende des Rennens musste Berihu abreissen lassen und kämpfte sich die letzten 7 Kilometer alleine bis ins Ziel, das er mit 4 Minuten Rückstand und einem Schnitt von über 47 km/h erreichte.
Auch im 2024 wird Berihu wieder für das Team CLN Cycling (2024) fahren. Das (verstärkte) Team wird dann neu in der Kategorie UCI Continental starten, womit sich die Startmöglichkeiten für Berihu im Vergleich zur letzten Saison noch verbessern.
Nach den Ferien und dem Aufbautraining auf Gran Canaria geht es im Februar gleich weiter ins Trainingslager nach Benidorm mit CLN Cycling. Danach möchte Berihu sich wieder in der Region Bern/Thun niederlassen, wo er sich zunächst mal um eine neue Wohnung und einen neuen Job kümmern muss. Voraussichtlich ab März kann Berihu dann in die Wettkampfsaison 2024 starten, optimistisch, die langwierigen Knieprobleme endlich hinter sich gelassen zu haben. Zunächst geht es los mit einigen Wettkämpfen in der Schweiz. Im Sommer dürften dann auch wieder mehrere Rennen im Ausland auf dem Programm stehen.
Berihu (4. von rechts im schwarzen Trikot) beim «Puchar Mon» in Polen.
Video-Reise ins Baltikum: Baltic Chain Tour Etappe 1 (english), 5:01 Stunden: