Wer kennt sie nicht, die markanten Felsformationen im Südtirol. Seit Jahren steht dieses Revier ganz oben auf der Wunschliste meiner zu erkundenden Bikedestinationen. Weil der RSC Aaretal in diesem Jahr keine offizielle Biketour organisierte, beschlossen Ruedi Brenzikofer, Daniel Zurbuchen und ich, mal wieder ein eigenes Projekt zu starten.
Das Ziel soll der Stoneman sein, eine permanent markierte Strecke, die sich in mehrere Etappen unterteilen lässt. Der Name Stoneman stammt wohl von der Streckenmarkierung. Die Trails sind mit einem Logo in der Form eines „Steinmandli“ aufgesprayt oder man trifft gelegentlich auch auf echte Stonemans. Start und Ziel befinden sich in Sexten, dieses liegt im Hochpustertal in den Sexter Dolomiten. Die nordöstlichste Gebirgsgruppe der Dolomiten, die mit dem karnischen Höhenweg an der österreichischen Grenze endet, liegt knapp 600 Kilometer von Münsingen entfernt.
Und so starten wir vor gut zwei Wochen unser viertägiges Abenteuer. Leider waren die Wetterprognosen nicht sehr gut, aber seit dem kaltnassen Frühling 2013 ist der passionierte Radfahrer ja regen- und schmutzresistent. Die Anfahrt via Bodensee-Arlberg-Innsbruck-Brenner war recht mühsam, aber mit dem Einbruch der Dunkelheit erreichten wir unser Hotel in Sextenmoos. Der Himmel war sternenklar, wir liessen das schlechte Wetter im Westen zurück. Leider sollte das nicht lange so bleiben…
Die Leute im Tirol sind sehr gastfreundlich und Ruedis Hotelwahl ein Volltreffer. Die sportliche Bedienung hatte auf jeden Fall unsere volle Aufmerksamkeit. Nur das dritte Bett und die Zimmergrösse konnte nicht ganz mit dem sonstigen Standard mithalten. Aber die nächste Nacht würden wir ja mit zahlreichen anderen Berggängern im Massenlager einer Berghütte teilen und unser Zimmer schmerzlich vermissen.
Am nächsten Morgen war es zu unserem Erstaunen trocken. Aber kaum waren wir unterwegs, zogen heftige Gewitter durch das Hochpustertal und erzwangen die erste Pause. Nach einer halben Stunde war der Spuck vorüber und wir setzten unsere Runde fort. Leider wiederholte sich dieses Spiel mehrmals, die unfreiwilligen Pausen kosteten uns viel Zeit. Dummerweise waren wir nie in der Nähe eines Restaurants, ein Bahnhof erfüllte aber seinen Zweck auch.
Von den markanten Felsformationen war nicht viel zu sehen, die Berge waren dick in Nebel eingepackt. Die Hügel im Hochpustertal sind sehr steil und jeder Aufsteig bedeutete mehr als
1000 Höhenmeter Schwerarbeit. Den Rasierapparat und die Abendlektüre hatten wir zwar im Hotel gelassen, aber die Rucksäcke war dennoch sehr schwer. Angesichts der fortgeschrittenen Zeit und dem anstehenden Schlussaufstieg zu unserem Nachtquartier verzichteten wir auf den Aufstieg zum Marschkinkele und verliessen bei Silvester Alm den Track in Richtung Sillian. Wir fanden einen schönen Singletrail und zum ersten Mal an diesem Tag kam so etwas wie ein Glücksgefühl auf. In Sillian liess der Regen nach und wir stärkten uns mit Kaffee und Kuchen. Es sollte nicht die letzte Verpflegungspause an diesem Tag werden…
Was danach kam, war einfach nur anstrengend und des Freeriders Horror. 1500 Höhenmeter Anstieg, den kleinsten Gang schon ganz unten eingelegt, ein Hungerrast und Not-Verpflegungsstopp von Daniel (der Speck liess ihn aber danach förmlich zur Hütte fliegen) und die letzte Stunde Schiebepassage sind nur einige erwähnenswerte Ereignisse. Am Schluss erreichten wir aber rechtzeitig vor dem Abendessen unser Tagesziel, die Sillianhütte.
Das Wetter war zwar immer noch grau und feucht, aber ab und zu konnten wir einen Blick des gewaltigen Panoramas erhaschen.
Die Hütte des Österreichischen Alpenclubs – wir waren unterdessen auf der anderen Seite des karnischen Kamms – ist super ausgestattet, sogar warme Duschen standen zur Verfügung. Dank der gemütlichen Runde in der Gaststube, dem feinen Essen und den Aussichten auf besseres Wetter endete dieser Tag doch noch versöhnlich. Auch die Nacht im Massenlager war erträglich, die komischen Geräusche von Ruedis unfreundlichen Bettnachbarn ausgenommen.
Der nächste Morgen zeigte sich von der windig kalten Seite, auf 2500 M.ü.M. war es gerade noch 2 Grad warm. Dick eingekleidet verliessen wir unser Nachtquartier mit dem Wissen, dass die heutige Etappe von heute vor allem talwärts geht und wir schon bald Sonnencrème einstreichen können. Weit gefehlt! Der Trail über den Höhenweg war ein kräfteraubendes auf und ab und blaue Himmel war auch nur rund um die Sexter Dolomiten auszumachen.
Via Demutpassage, die bei weitem nicht so schwierig zu passieren war, wie es in der Beschreibung stand, erreichten den Passo Silvella, der wieder auf italienischem Boden liegt.
Der karnische Höhenweg war während des ersten Weltkriegs hart umkämpft und man trifft immer wieder auf alte Stellungen, Kriegsfriedhöfe und Ruinen aus dieser Zeit.
Gegen Mittag hellte es auch bei uns auf und wir bekamen das wahre Gesicht der Dolomiten zu sehen! Die Felsformationen sind wirklich beeindruckend und wir konnten nicht genug Fotos davon schiessen.
Aber auch die Trails waren super und die Abfahrt ins Tal nach Casamazzagno liess die Bremsen glühen. Nach der Kaffepause erwartete uns ein weiterer heftiger Anstieg zum Kreuzbergpass und dann hoch zur Rotwandwiesen, wo wir auf viele Wanderer trafen. Wie in Italien üblich, ist in diesem Fall eine Bergbahn in der Nähe oder man kann mit dem Auto hochfahren.
Von der Rotwandwiesen konnten wir bereits wieder unser Hotel erkennen und nur noch ein super Singletrail trennte uns vom Ziel des Stoneman.
Die 110Km/4000 Höhenmeter waren vollbracht, als Belohnung gab‘s ein feines Zvieriplättli.
Zurück im Hotel war Regeneration, Hallenbad und ein feines Nachtessen angebracht.
Am Sonntagmorgen war das Wetter perfekt. Aus diesem Grund beschlossen wir, vor der Heimreise noch eine kurze Tour auf den Helm zu machen. Leider transportieren die Bahnen im Hochpustertal keine Bikes, deshalb erklommen wir den Helm aus eigener Kraft.
Die Aussicht vom Gipfel des Helms ist gewaltig. Man sieht sogar zwei der legendären drei Zinnen erspähen. Für das ultimative Foto hätten wir noch ein Tal weiter reisen müssen. Aus Zeitgründen liessen wir diesen Abstecher aber bleiben.
Via Waldwege – eigentlich hätten wir schon noch ein paar knackige Singletrails erwartet – ging‘s retour nach Innichen, wo wir in der Innenstadt einen Teller Pasta genossen. Danach verschwanden Bikes und Rider im Bus und wir traten die 600 Km Rückreise an, die wir zügig und ohne Stau hinter uns brachten.
Das Fazit unseres Abenteuers: die Anreise ins Südtirol ist lang und mühevoll – Die Landschaft und die Berge sind wirklich sehenswert – moderate Anstiege sucht man in den Sexter Dolomiten vergeblich – irgendwann werden wir auch noch andere Teile der Dolomiten per Bike erkunden – nicht nur die „Gümmelersektion“ des RSC Aaretal ist von den Dolomiten begeistert – wir haben einen gemeinsamen Event mehr, von dem wir noch viele Jahre erzählen werden!
Christoph Pauli
Informationen auf dem Internet
Stoneman Trail: http://www.stoneman.it
Sillianer Hütte: http://dav-huettensuche.de/?pagedef=details&huetten_id=232214
Hochpustertal: http://www.hochpustertal.info/suedtirol/sexten.html
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