Am Sonntag 19. Juli2015 habe ich nach einer 8-9 monatigen Vorbereitungszeit den Ironman in Zürich erfolgreich absolviert.
Nun ist über eine Woche verstrichen, die Glückshormone und die grösste Müdigkeit haben meinen Körper wieder verlassen und die Temperaturen sind auch auf normale Werte gefallen.
Mein erster Gedanken mal einen Ironman mitzumachen, hatte ich Ende Oktober, ich war wieder einmal einen Marathon gelaufen und wie so oft nach solchen Events suchte ich ein neues Ziel, da das Training doch noch etwas mehr Spass macht.
Die erste Strategie war es, meinen engsten Bekannten von meinem Vorhaben zu erzählen und mich sofort anzumelden.
Das war im November / Dezember 2014 und ich hatte auch schon regelmässig am RSC Spinning teilgenommen um velomässig schon mal eine gute Basis zu schaffen.
So hat es sich ergeben, dass auch Jacqueline Gründler davon erfuhr und sie sich spontan bereit erklärte mir etwas Nachhilfe im Schwimmen zu geben, da sie ohnehin einmal pro Woche nach Grosshöchstetten ins Hallenbad geht, eher etwas gewöhnungsbedürftig war für mich jedoch die Zeit von morgens 06:00 – 07:00 Uhr.
Die Grundlagenausdauer habe ich mir im Winter in den Bergen bei Skitouren, Schneeschuhlaufen oder sogar Langlaufen geholt.
Es war noch nicht Ende März als ich sowohl Thuner- Bieler- als auch den Murtensee mindestens einmal auf dem Velo umrundet hatte, immer mit der gleichen Verpflegung, eine Thermosflasche warmen- und ein Bidon kalten Tee, gleichmässig fahrend und nach 3-4 Stunden vom nächstgelegenen Bahnhof mit dem Zug heimfahren um mich nicht zu erkälten.
Sogar beim winterlichen RSC Jogging habe ich teilgenommen und bei einer solchen Gelegenheit bin ich mit Mike betreffend „zu früh in Form zu kommen“ in Gespräch gekommen , worauf der mir versicherte, dass ich dies ja schon im Griff habe.
Es kam das RSC Trainingslager, eine Unaufmerksamkeit, mit darauffolgendem Sturz und zweimonatiger Zwangspause war die Folge davon. In dieser Pause realisierte ich, dass ich doch wohl etwas zu früh in Form gekommen bin, obwohl ich nun gerne noch etwas an der Tempofestigkeit in allen Disziplinen gefeilt hätte. Das musste ich dann bleiben lassen.
Die Leidenszeit beendete der Orthopäde mit einer Kortison-Spritze in die entsprechende Schulterpartie in der sich die Entzündung befand, die selbst beim anheben eines vollen Bierglases Schmerzen verursachte.
Am darauffolgenden Samstag schwamm ich zum ersten Mal in diesem Jahr im Freibad, die Überraschung und Freude danach keine Schmerzen zu haben war sehr gross, plötzlich war alles wieder möglich, aber es blieben nur noch 3 Wochen zum Trainieren, wollte ich doch in der Woche vor dem Wettkampf entspannen.
Das Wochenende mit dem Wettkampf:
Am Freitagmittag nahm ich an der obligatorischen Athleteninformation teil und war froh die Informationen noch mündlich zu bekommen die ansonsten in einem 14 seitigen Athletenhandbuch zu finden waren.
Anschliessend machte ich den administrativen Check in, tätige eine zusätzliche Investition von SFR 50 für eine Tageslizenz und verliess das nun doch schon recht bevölkerte Startgelände.
Den Samstag verbrachte ich so lange wie möglich in meinen eigenen vier Wänden und füllte meinen Flüssigkeitsspeicher mit mehreren Litern Tee und die sogenannten Bikewear- und Running Bags mit allen nötigen Utensilien.
Das ganze artete immer mehr zu einer logistischen Herausforderung aus und es stellten sich einige Fragen für mich als Triathlon Greenhorn.
Als Übernachtungsgelegenheit konnte ich eine Wohnung eines Kollegen in Adliswil nutzen. Er war abwesend in Frankreich und nahm an der L’etappe du Tour teil (könnte einigen RSC’lern noch ein Begriff sein….).
Zum Einchecken des Fahrrads und der Kleidersäcke war ich in der letzten Gruppe, als ich eintraf waren sicher schon über 90% der Velos in einen blauen Regenschutz verpackt in der Wechselzone.
Um die Wahrscheinlichkeit eines Platten zu reduzieren, kaufte ich bei einem der vielen Stände auf dem Areal die vergessen gegangene Pumpe.
Obwohl ich das Gelände von einigen Zürimarathon-Teilnahmen ganz gut kannte, hatte ich mich noch etwas umgeschaut, vor allen musste ich mich ja dieses Mal etwas Richtung See orientieren und mir wurde etwas mulmig, weil ich die äusserste Boje die ich zu umschwimmen hatte, kaum sehen konnte und in die Weite sehe ich noch ganz gut. Da erfuhr ich auch erst von der Tatsache, dass ab Wassertemperaturen von 24.5 Grad kein Neopren-Anzug getragen werden durfte, konnte mir aber nicht vorstellen, dass der See so warm sein konnte am Morgen um 07:00 Uhr. Schliesslich hatte ich mir doch einen neuen Neopren gekauft und war auch schon mal im Meer testen und spürte wie einfach doch schwimmen sein könnte.
Um 21:37 Uhr kam ein SMS von IRONMAN SWIM INFO: „Das Tragen eines Neoprenanzugs ist aufgrund der hohen Wassertemperaturen beim morgigen IRONMAN Switzerland VERBOTEN!“.
Ich legte mich hin und suchte im Bett noch einige Stunden die ideale Schwimmposition, um danach doch noch etwa gleich lang zu schlafen.
Um 04:00 Uhr stand ich auf, ass etwa ein Kilo selbst gebasteltes Müsli und trank zwei Tassen Kaffee und ausreichend von dem schon am Vortag zubereiteten Tee.
Ich hatte mir am Bahnhof Kilchberg ein Mobility Auto über Nacht geliehen, mit dem ich um 05:15 Uhr in Adliswil losfuhr, langsam machte sich scheinbar doch etwas die Nervosität bemerkbar was mir die Suche des Bahnhofs einiges erschwerte, zudem war hier schon ein Teil der Velostrecke mit dem berüchtigten „Heartbreakhill“ gesperrt und die Organisatoren hatten über Nacht diverse Umleitungen ausgeschildert. Endlich fand ich die richtige Einfahrt und es reichte doch noch auf den 05:45 Uhr Zug. Es war nur eine Station bis Wollishofen und von da zu Fuss etwa 5 Minuten.
Jetzt waren schon so viele Leute auf dem Gelände wie ich in den vorherigen Tagen noch nie gesehen hatte.
Die Velos waren nun nicht mehr verhüllt und es liefen auffällig viele Leute mit Standpumpen herum, dabei hatte kein einziges Velo einen Platten, meines auch nicht, nur dass es etwas nackt aussah so ohne Hochbettfelgen oder Scheibenrad. Einen Triathlonaufsatz für den Lenker hatte ich mir jedoch noch gekauft und das war auch gut, schon nur für den Kopf. Die Bike-Run- und StreewearBags mussten noch mit den nötigen Utensilien gefüllt werden und die logistische Herausforderung war nun hoffentlich erfolgreich bestanden.
So, nun musste ich mich nur noch bis auf die Badehose ausziehen die Badekappe und die Schwimmbrille nicht vergessen.
Unterdessen war schon 06:40 und die Sonne ging hinter der Goldküste auf und ein Startschuss fiel, es war derjenige der Profis.
Es gab dieses Jahr erstmals einen „rolling Start“ das ist so etwas wie ein Blockstart beim Laufen, aber es waren jeweils nur 10 Schwimmer, die wie bei einer 10-sitzigen Sesselbahn statt gemeinsam hinsitzen, eben in den See rauslaufen.
Je nach Schwimmzeit wurden zudem noch Zonen gemacht, ich war in der >1:30 am Schluss.
Aber noch war es nicht soweit und ich hatte noch Zeit in den See zu steigen und zu fühlen wie warm das Wasser tatsächlich war. Ich schwamm einige Züge zu einer Boje hinaus, auf der einen Seite stand geschrieben, „lieber Badehaube auf als Kopf ab!“ auf der anderen Seite „schaffst du es auch sicher wieder zurück?“ mir kam sofort wieder die Boje draussen auf dem See in den Sinn die ich nun umschwimmen sollte und machte mir so meine Gedanken.
Nun ging alles ganz schnell und schon war ich am Schwimmen, es lief eigentlich alles ganz gut, ich unterhielt mich ab und zu mit der Ansicht von Füssen die vor mir zappelten und versuchte diesen so lange als möglich zu Folgen in der Annahme der oder die ist schon auf dem richtigen Weg. Kurz bevor ich die erste Runde geschafft hatte, wurde es plötzlich hektisch, das Wasser aufgewühlt, wurde mir bald klar, dass das die schnellsten Schwimmer waren die mich da überholten. Die erste Runde war geschafft, ich war etwa 50 Minuten unterwegs und dachte das ist ja gar nicht so schlecht für die erste Hälfte, leider war es noch nicht die Hälfte. Beim beenden der zweiten Runde war das Wasser schon viel klarer, da es von weniger Schwimmern aufgewühlt war, dafür konnte ich sogar Fische sehen.Ich war erstaunt wie torkelnd ich aus dem Wasser kam, war ich doch bis zuletzt ganz locker geschwommen und liess mir die Ratschläge von Jacqueline alle paar Minuten durch den Kopf gehen lassen um möglichst effizient zu bleiben.
Die Wechselzone war schon recht verlassen und im Lautsprecher wurde langsam die Schwimmzeitlimite von 2:20 zum Thema.Ich nahm mir Zeit mich richtig abzutrocknen und ausreichend Sonnencreme aufzutragen, das Velo fand ich mit Leichtigkeit und musste es bis zu einem Schiedsrichter schieben der über die rote Linie wachte.
Der erste Teil meiner Verpflegung konnte ich selbst gestalten, es waren ein Bidon selbstgemacher Tee und ein Bidon halb Wasser halb Apfelsaft und pro Velorunde ein Sandwich selbstverständlich auch aus der eigenen Küche.
So nun war ich auf der Velostrecke, da musste ich nur noch immer schön meinen Puls unter Kontrolle haben und schauen dass ich nicht zu lange im Windschatten eines Athleten vor mir fuhr, immer schön locker bleiben und die Trittfrequenz schön hoch halten, das schöne Wetter und die Landschaft geniessen. Noch nie habe ich in Zürich die Berge so schön klar gesehen wie an diesem Tag, obwohl ich doch sehr oft in Zürich bin.
Geniessen war genau bis fast zum Ende der ersten Velorunde an der Seepromenade auf dem General Guisan Quai möglich. Die Strecke war da etwas enger weil auch die Laufstrecke in beiden Richtungen hier durchführte. Ohne jegliche Vorwarnung wurde ich von hinten über den Haufen gefahren. Mein erster Gedanke war, hoffentlich funktioniert das Velo noch. Der Aufprall war beim höheren Tempo weniger stark und zudem war der Belag nicht so rau.Die Kette war rausgesprungen und ich wollte sofort weiterfahren und sie mit dem Umwerfer wieder draufbringen, dies gelang mir jedoch nicht, weil sie unten über der Radstrebe verklemmt war. Ich musste wieder absteigen und mit meinen lädierten Händen nachhelfen, zum Glück gelang es mir und ich konnte weiterfahren. Nun musste ich den „Heartbreakhill“ noch ein erstes Mal bezwingen, dann ging es auf die zweite 90 Km Runde, neben der Landschaft konnte ich nun auch noch meine verschiedenen Wunden betrachten, behindern taten sie mich jedoch nicht.
Die Belastung immer schön im grünen Bereich haltend, genoss ich die restlichen Kilometer, war auch in keiner Weise gestresst als die führenden Profis an mir vorbeizogen.
Das grösste Problem am ganzen Unterfangen kam in der Wechselzone vom Fahrrad zum Laufen. Die Kompressionsstrümpfe mit den geschundenen Fingern anzuziehen war eine äusserst schmerzhafte Angelegenheit. Im Hintergrund nahm ich den Speaker war, der den Einlauf der ersten Frauen kommentierte, ich war froh die letzten 42 Km unter die Füsse nehmen zu können. Ich stellte fest, dass es auch möglich gewesen wäre marschierend Ironman zu werden, noch nie habe ich so viele wandernde Marathonläufer gesehen.
Da ich meine Kräfte jedoch sehr gut eingeteilt hatte, konnte ich mich darauf konzentrieren ausreichend Flüssigkeit zu mir zu nehmen, meinen Körper laufend zu kühlen und auf der Überholspur regelmässig dem Ziel entgegen zu laufen. Mit einem Lächeln bog ich auf die Einlaufstrecke ein und wurde vom Speaker mit „you are an Ironman!“ über die Ziellinie begleitet.
Fazit:
Es war ein tolles Erlebnis, vom ersten Gedanken an den Ironman zu wagen, bis zum überqueren der Ziellinie, auch mit all den unliebsamen Überraschungen und Pannen. Ich habe ein Resultat das zu einem weiteren interindividuellen Vergleich einladen könnte, noch bevor ich 60-jährig werde.
Hansruedi Rohrer
Claudia Sieber meint
wow hansruedi… super leistung !!!!
was ist nun dein nächstes ziel ?
guets training und liebi grüessli
claudia
Beat Elsener meint
Hansruedi…… herzlliche Gratulation zu deiner tollen und ausserordentlichen Leistung. Dein Bericht ist faszinierend und spannend…… und du hast es trotz allen Widerwärtigkeiten geschafft. Bis zum nächsten mal im Umkleideraum beim Mittags-Joggen….. Chapeau und smile Beat
Rudy Feller meint
Ich wollte den Bericht eigentlich nur überfliegen … aber er ist so spannend geschrieben, dass ich von der ersten bis zur letzten Zeile alles gelesen habe. Als über 60jähriger kann ich mir gar nicht vorstellen wie man eine solche Leistung in vorgerücktem Alter noch vollbringen kann – herzliche Gratulation und vergiss nie die Worte des Speakers „You are an Ironman“ das hilft dir sicher über so manche Herausforderung, die das Leben an uns heranträgt, hinweg. Ich freue mich mehr mündlich über dieses Highlight zu erfahren.
Gruss
Rudy
Gründler Jacqueline meint
Auch von mir noch herzliche Gratulation für die tolle Leistung, auch ich weiss vielviel es
im Hintergrund braucht ein solches Ziel zu realisieren.
Super Bericht ich war fast dabei 😉
Liebe Grüsse Jacqueline
Richard Lüdi meint
Herzliche Gratulation zu Deiner tollen Leistung.
Dein Bericht ist so spannend, dass ich mich direkt am Rennen fühle.
Geniesse alle deine Gefühle,sie sind einmalig.
Herzliche Grüsse Richard Lüdi
Thomas Chevalier meint
Ich habe deinen tollen Bericht gelesen. Das ist ja unglaublich, was du geleistet hast. Du hattest bereits im Trainingslager über deine Ziele gesprochen – aber nach dem Sturz sah alles nicht so erfolgsversprechend aus. Dass nun alles geklappt hat – SUPER! Ich denke, dass das erfolgreiche Bestehen dieses Events dir eine riesige Bestätigung und Befriedigung gibt. Geniesse diesen Höhenflug!
Nächstes Ziel HAWAII ?!
Liebe Grüsse und Gratulation Thomas Chevalier
Ruedi Brenzikofer meint
Herzliche Gratulation. Den ganzen Sonntag verfolgten Jacqueline und ich dein Rennen via Datasport sei Dank. Danke für deine Eindrücke, nur so können wir halbwegs erahnen mit welchen Strapazen du konfrontiert wurdest. „Chapeau“!!
Gueti Erholig Ruedi
Bohnenblust Michael meint
Herzliche Gratulation zu dieser tollen Leistung! Ein solches Projekt in Angriff zu nehmen und erfolgreich durchzuziehen braucht viel Motiviation und Durchhaltewille.
Super Sache und sicher ein unvergessliches Erlebnis!
Liebe Grüsse
Mike